Wolfgang Schäuble, der Bundesfinanzminister, schrieb in der Zeitschrift “Christ und Welt” Ende letzten Jahres einen Gastbeitrag. Wohl nimmt keine Leserin und kein Leser der Homepage der GLLK eine enge Nähe zwischen Herrn Schäuble und der GLLK an. Wir greifen auf den Artikel zurück, weil es in den Diskussion über den Haushalt der Gemeinde immer mal wieder die Vermutung gibt, dass es sich hierbei um ein “konjunkturelles Defizit” handelt.
Wer dies behauptet, geht davon aus, dass dieses Defizit durch ein positive konjunkturelle Entwicklung wieder aufgefangen werden kann. Eine solche Wahrnehmung ist unserer Ansicht nach Wunschdenken. Sie entsteht oft auch dann, wenn keine eigenen Lösungsideen vorliegen. Durch die Vorstellung eines konjunkturellen Defizit wird die Lösung nach außen verschoben und die Kaufunger selbst müssen eben abwarten.
Im Gegensatz dazu sprechen wir von einem strukturellen Defizit. Die Schwierigkeiten, denen wir uns gegenüber sehen, sind strukturell bedingt und können nicht z.B. durch Wachstum ausgeglichen werden. Ein Ausgleich eines solchen Defizit ist möglich über eine kulturelle Veränderung. Sie verlangt eine Verhaltensänderung, ganz konkret auch des eigenen Tuns. Bezogen auf den Klimaschutz lässt sich dies zum Beispiel dadurch ausdrücken, dass die eigentliche Veränderung nicht die Klimaeffizienz ist, sondern eine Klimakultur. Unsere Bewusstsein in Bezug auf den Umgang mit unserer Umwelt muss sich umfassend verändern.
Welche “Kultur” das derzeitige Defizit mit erzeugt hat, beschreibt Wolfgang Schäuble in seinem Gastbeitrag.
Die Krise der Banken und später der Wirtschaft und ganzer Staaten, mit der wir seit 2008 konfrontiert sind, wurde nicht zuletzt durch die grenzenlose Gier nach immer höheren Gewinnen an den Kapitalmärkten ausgelöst. So erfolgreich das marktwirtschaftliche Modell ist – und niemand kann im Ernst seine Abschaffung fordern –, sosehr beruht es auf Mechanismen, die, wenn sie nicht kontrolliert und begrenzt werden, im Wortsinn unmenschliche Konsequenzen hervorbringen.
Das grenzenlose Profitstreben, für das es keinen automatischen Haltepunkt gibt, die Erzeugung immer neuer Bedürfnisse in der Konsumgesellschaft und der Raubbau an den auf der Erde verfügbaren natürlichen Ressourcen, sie alle führen zu Zuständen, die für das menschliche Wohlergehen und sogar für das menschliche Überleben bedrohlich sind. Wenn in Durban, in Südafrika, über die Zukunft des Klimaschutzes verhandelt wurde, dann ging es dabei auch um Konsequenzen unserer Unfähigkeit zum Maßhalten und zur Selbstbegrenzung. Wenn die Europäische Union und insbesondere die Eurozone unter dem Druck der Finanzmärkte an die Grenzen ihrer Belastbarkeit kommen, dann hat auch das mit menschlicher Maßlosigkeit zu tun.