Kennzahlen – Eine kurze Einführung

Die Ausschüsse der Gemeindevertretung Kaufungen werden sich in den kommenden Monaten zuerst mit der Auswahl von zwei Produkten und anschließend mit der Benennung von Kennzahlen für die ausgewählten Produkte beschäftigen. Über das Thema Kennzahlen gibt es vielfältige Literatur, wir haben darüber schon mehrfach berichtet. Um die Arbeit zu erleichtern, haben wir ein vierseitiges Papier verfasst, welches eine schnelle praktische Einführung in das Thema bietet.

Einleitung

Mit der Einführung des Produkthaushaltes wird das Handeln der Gemeinde nicht mehr über die Etatzahlen gesteuert, sondern über die Beschreibung eines gewünschten Ergebnisses (Ziel). Die für die Zielerreichung erforderlichen Ressourcen (Personal- und Sachaufwendungen) werden entsprechend zur Verfügung gestellt. Mit den Fachkräften der Verwaltung und im Rahmen weitgehender gegenseitiger Deckungsfähigkeit innerhalb der einzelnen Budgets entscheidet die Verwaltung selbstständig über die geeigneten Maßnahmen der Zielerreichung. Dies bedeutet, dass sich die politischen Entscheidungsträger besonders der Zielbeschreibung und der Kennzahlentwicklung widmen müssen, um die Verwaltung effektiv zu steuern.

Zieldefinition
Das bedeutet, zunächst müssen die Ziele die mit der Umsetzung der Produkte verbunden sind durch die Politik formuliert werden. Bereits bei der Zielformulierung ist darauf zu achten, dass diese im Weiteren „operationalisierbar“ sind, das bedeutet Ziele müssen den nachfolgenden Ansprüchen genügen:

S.M.A.R.T – Zielentwicklung
Ziele sollten in ihrer Formulierung immer den folgenden Ansprüchen genügen:

S = Spezifisch
das bedeutet: konkret und unmissverständlich zu benennen, worum es geht (im Sinne von „klar formuliert“)
M = Messbar
das bedeutet, das Ziel so zu formulieren, dass später objektiv zu erkennen ist, ob das Ziel erreicht wurde oder nicht
A = Attraktiv/ Akzeptabel/ Aktiv
das bedeutet, den Endzustand positiv zu beschreiben
das bedeutet, dass das Ziel von allen Beteiligten akzeptiert wird
das bedeutet, das Ziel aktiv zu formulieren, d.h. dass aktive Verben verwendet werden müssen
R = Realistisch
das bedeutet, Ziele zu formulieren, die durch das eigene Verhalten aktiv beeinflusst werden können; Ziele sollten gleichzeitig machbar und herausfordernd sein
T = Terminiert
das bedeutet, die Zielkontrolle zu unterstützen, indem bei der Formulierung festgelegt wird, zu welchem (konkreten) Zeitpunkt das Ziel erfüllt sein soll

Bereits in diesem Schritt ist ein enger Austausch mit den Fachabteilungen der Verwaltung erforderlich, um besonders den Punkt „Realistisch“ zu überprüfen.

Kennzahlen

Kennzahlen beleuchten ein ausgewähltes Produkt des Haushalts, sie wirken wie ein Scheinwerfer und werfen Fragen auf. Sie lassen sich als Zielpunkt verwenden und eröffnen die Möglichkeit das Erreichte mit dem Gewollten zu vergleichen. Kennzahlen dienen zur Unterstützung bei anstehenden Entscheidungen. Interkommunale Vergleiche auf Kennzahlenbasis können bei aller Problematik der Vergleichbarkeit von Kommunen hilfreich sein.

Kennzahlen zur Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit kommunaler Leistungen lösen zwar nicht von sich aus das finanzielle Problem der Kommune. Jedoch Wirksames von Unwirksamem zu unterscheiden und Wirtschaftliches von Unwirtschaftlichem kann mit Kennzahlen gut gelingen.

Kennzahlen sollen in Verbindung mit Produktzielen in den Teilergebnishaushalten und -plänen ausgewiesen und zur Gestaltung der Planung, Steuerung und Erfolgskontrolle des jährlichen Haushalts genutzt werden. Dies gilt nicht für jedwede kommunale Leistungen und Aktivitäten, sondern für die wesentlichen. In der Regel sind dies die Produktgruppen und Produkte beziehungsweise Leistungen, die mit einem strategischen Ziel der Kommune eng verbunden sind. Die Verständigung in der Gemeindevertretung auf ein „Wohin“ ist daher zwingend erforderlich. „Gesteuert werden soll künftig über vereinbarte Ziele.“ (Haushalt 2014 Gemeinde Kaufungen S. 38) Auch wenn es eine Verständigung auf ein Ziel gibt, liegt die Schwierigkeit darin, aussagekräftige Indikatoren zu bestimmen, die im Vorfeld als Sollvorgabe für die Kommunalverwaltung und in der Nachbereitung als Maßstab für den Grad der Aufgabenerfüllung dienen können.

Manche Kennzahlen sind leicht zu ermitteln. Hier sind die produktorientierten Kennzahlen zu nennen: Bearbeitungsmenge und -zeit, Kosten pro Produkt. Die wirkungsorientierten Kennzahlen sind wesentlich schwerer zu definieren. Doch genau die Kennzahlen, die die Qualität der kommunalen Leistung ausdrücken, sind wesentlich wichtiger als solche, die sich auf Quantität beschränken. Es geht bei diesen wirkungsorientieren Kennzahlen darum herauszufinden, ob das eigentliche öffentliche Ziel mit dem Vollzug der Aufgabe und dem Einsatz der Instrumente tatsächlich erreicht wurde. Dazu ist es sinnvoll, wenn auch noch herausgelesen werden kann, welche Konsequenzen das Vorgehen für die Bürgerinnen und Bürger, für die heimische Wirtschaft und für andere externe Dritte hat.

Die Ergebnisse der Kennzahlenmessung, also der festgestellte Grad der Zielerreichung, soll zunächst der Kommunalpolitik vorgelegt werden, damit diese aus den Diskrepanzen und Zielabweichungen die entsprechenden Schlüsse ziehen kann. Das bedeutet: Kennzahlen ersetzen nicht das politische Handeln. Sie geben Anlass für näheres Nachschauen und haben eine Signalfunktion.

Kennzahlenentwicklung

Im nächsten Schritt werden die formulierten Ziele mit Kennzahlen hinterlegt.  Diese Kennzahlen machen den Grad der Umsetzung bzw. der Zielerreichung messbar. Sie müssen sich daher an den Zielen orientieren und sollten ohne zu großen Aufwand durch die Verwaltung regelmäßig erhebbar sein.

Kennzahlen können in bspw. Eurobeträgen, Stück, Stundenaufwand oder m² formuliert werden, sie können beschreiben bei welcher absoluten Mengen oder welchen Prozentsatz ein Zustand erreicht werden soll. Dabei macht es nur Sinn Kennzahlen zu erheben, die auch grundsätzlich beeinflussbar sind. Die Kennzahlen sollten in den Ausschüssen im Dialog mit der entsprechenden Fachabteilung entwickelt werden, um bereits hier unrealistische Vorgaben zu filtern.

Im Folgenden sind Beispiele aufgeführt. Diese sind der Internetseite von Markus van der Zee entnommen. Er ist Kämmerer der Stadt Laer und hat eine Datenbank erstellt, die zu den unterschiedlichen Produkten mögliche Kennzahlen anbietet.

Beispiele

Derzeit ist als Ziel in Kaufungen für das Produkt 27201 Büchereien folgendes formuliert:
–    Einrichtung eines Verbundsystems mit den Schulbüchereien
–    Etablierung des Büchereistandorts IGS
–    Aktualisierung der Medienbestände
–    Ein Gesamtmedienbestand von 2 Medien pro Einwohnerin bzw. pro Einwohner wird angestrebt
–    Die Zahlen der Nutzenden und Ausleihungen steigt bzw. bleibt konstant
Um sich über die Erreichung dieser einzelnen Ziele verständigen zu können, muss klar werden, was mit den einzelnen Zielen gemeint ist und was damit erreicht werden soll. Wie soll der Verbund aussehen? Wer soll mit wem etwas austauschen können in diesem Verbundsystem? Durch was ist die Etablierung des Büchereistandortes gewährleistet? Durch die feierliche Eröffnung? Durch eine nachweisbare Akzeptanz und Nutzung? Wie oft soll der Medienbestand aktualisiert werden? Klarer hingegen ist die Formulierung des Ziels Gesamtmedienbestand. Hier lagen wir 2012 knapp unter dem formulierten Ziel. Außerdem wissen wir, dass im Jahr 1.165 Bürgerinnen und Bürger das Angebot der gemeindlichen Büchereien nutzten. 2012 waren davon 183 unter 12 Jahre alt.

Eine Zieländerung und Zielkonkretisierung könnte nun sein, dass sich die Zahl der Nutzenden unter 12 Jahren erhöhen soll. Eine wirkungsorientierte Kennzahl wäre die Erhöhung der Anzahl der ausgeliehenen Medien (Bücher, Filme, Zeitschriften) um eine gewisse Menge pro Einwohnerin oder pro Einwohner unter 12 Jahren im kommenden Jahr.

Um das Ziel zu erreichen, müssen Maßnahmen ergriffen werden. Quantitative und qualitative Aufstockung der Medien oder die Einführung von Rabatten und Vergünstigungen wie Jahres- und Familienkarten wären mögliche Maßnahmen. Diese Maßnahmen werden i.d.R. von der Verwaltung entwickelt und umgesetzt. Das bedeutet, das strategische Ziel (wohin) wird von den politischen Entscheidungsträgern bestimmt, der Weg zur Zielerreichung wird von den Fachleuten (Verwaltung) bestimmt.

Oder ein anderes Ziel für dieses Produkt:

Erhöhung der Anzahl der Bibliotheksausweise bei den 6 bis 10-jährigen um mindestens 15 % bis zum Ende des nächsten Geschäftsjahres
Kennzahl:
Prozentualer Anteil der Bibliotheksausweise bei den 6 bis 10-jährigen muss bis zum Ende des nächsten Geschäftsjahres um mindestens 15 % gestiegen sein
Geeignete Maßnahmen zur Zielerreichung:
Zusammenarbeit mit Schulen; Durchführung von Lesewettbewerben; Einsatz populärer Medien

Produkt Öffentliches Grün

Ziel:
Die (personellen und materiellen) Aufwendungen der Grünflächenpflege sollen in den nächsten vier Jahren um fünf Prozent gesenkt werden.
Kennzahl:
Gesamte Aufwendungen des Produkts Grünflächenpflege müssen im Zeitvergleich um fünf Prozent sinken.
Geeignete Maßnahmen zur Zielerreichung:
Vermeidung überschüssiger Personalressourcen, Verlängerung von Pflegeintervallen, Einsatz anderer technischer Hilfsmittel

Quellen zum Weiterlesen

http://www.kommzuk.de
Zu allen Produkten finden sich hier mögliche Ziele und Kennzahlen.

 

One thought on “Kennzahlen – Eine kurze Einführung

  1. Kennzahlen,
    hört sich nach einem objektivierten Verfahren an, wer wagt heute schon noch an Zahlen zu Zweifeln. Die Ergebnisse solcher Verfahren lassen sich kaum in Frage stellen, es sei denn, mensch steigt ganz tief in die Materie ein und hinterfragt wie die dahinterliegenden Bewertungen zustande gekommen sind. Welcher Aspekt bekommt welches Gewicht? Wie wird der Zielerreichungsgrad bewertet? Jenseits der Kennzahlen sind wir hier bei den politisch relevanten Diskussionen und Unterschiedene. Frage, kommen wir mit einem Kennzahlensystem da wirklich hin? Oder ersticken die scheinbar objektiven Zahlenergebnisse jede Diskussion?

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