Meine sehr verehrten Damen und Herren,
wir befinden uns auf einem Konsolidierungspfad und das ist gut so. Dass das Land jetzt alles noch schneller haben möchte, ist verständlich, denn Geld ist ja keines da. Land und Bund kümmern sich um sich und zahlen den Preis und dieser heißt: Kommunale Selbstverwaltung. Das ist nicht neu, die Misere zeigt sich nur von Jahr zu Jahr deutlicher. Die Reichen werden reicher und das muss eben irgendwie finanziert werden. Sie alle hier bezahlen dieses reicher werden anderer.
Manche von Ihnen glauben, dass mehr Wachstum eine Lösung sei und deshalb schreiben ja die Parteien, die Sie hier auch vertreten, in ihren Programmen, dass wir mehr Wachstum benötigen. Wenn sie das glauben, dann haben sie vielleicht auch die Hoffnung, dass dieses mehr an Wachstum bei den Gemeinden ankommt. Mit diesem mehr Wachstum kommt auch ein mehr an neuen Problemen auf uns zu. Im Haushaltssicherungskonzept wird klug davon gesprochen, dass die weltweiten Effekte von Kriegen und wirtschaftlichen Krisen etwas mit unserem Kaufunger Haushalt zu tun haben. Diese weltweiten Kriege und diese wirtschaftlichen Krisen hängen nun leider eben auch mit dem Phänomen Wachstum zusammen. Abgesehen davon, kommt von diesem Wachstum nur ein kleiner Teil bei uns an, ein größerer Teil mehrt das Vermögen der Reichen. Wir beschließen ja heute auch noch über einen Antrag der GLLK, der dieses Thema aufgreift. Es handelt sich im Grunde um einen Haushaltbegleitantrag, aber dazu kommen wir ja noch.
So wie er vorliegt, der Haushalt, wird er auch genehmigt werden. Also sollten wir uns wohl davor hüten, jetzt zuviel drin rum zu pfuschen. Im Grunde wäre es unsere Pflicht, eine Genehmigung des Haushaltes überhaupt nicht anzunehmen. Es heißt, und ich finde es gut, dass wir eine solche Passage im Vorbericht finden, dass „negative Auswirkungen auf die Gebäudesubstanz nicht ausgeschlossen werden“, was bedeutet: Es fließt zu wenig Geld in den Erhalt unserer Gebäude. Und das gleiche müsste ja auch beim Erhalt der Straßen stehen.
Aber wenn in beiden Posten die Summen auftauchen würden, die wir dort investieren müssten, wenn wir also mit den Zahlen arbeiten würden, die real sind, dann könnte der Haushalt nicht genehmigt werden. Wir verlagern also das Problem in kommende Jahre und zahlen das dann eben später.
Wir alle wissen sehr wohl, dass wir noch weiter machen müssen und auch mit neuen Vorschlägen und neuen Ideen kommen müssen. Wir müssen also sowohl Weiter Denken, wie auch unsere Richtung ändern.
Ein beliebter Posten sind die Elternbeiträge. Zumal der Landesrechnungshof hier sogar konkret anfragt und wir bei den Berechnungen der Musterfamilie ja sogar hessenweit die geringsten Beiträge verlangen. Na klar. Familienfreundliche Gemeinde kommt nicht von ungefähr. Aber gut: Diejenigen, die viel verdienen, können etwas mehr bezahlen. Manchmal heißt es, dass eine einkommensabhängige Beitragserhebung wie z.B. in Lohfelden kompliziert und aufwändig sei. Wir werden Ihnen bei Bedarf einen neuen Vorschlag präsentieren, der fraglos leicht zu handhaben ist. Wenn wir uns im Ziel, also in diesem Fall einkommensabhängige Erhebung einig sind, dann gibt es auch Wege. Wichtig ist uns, dass wir keine automatische Erhöhung beschließen. Einen Vorschlag zum Beispiel einen immer gleichbleibenden Prozentsatz an den Gesamtkosten zu erheben, lehnen wir ab. Denn eine Erhöhung, wenn sie denn erfolgt, sollten wir bewusst treffen und uns – notfalls auch jährlich – der Diskussion darüber stellen. Es ist zu einfach sich hinter einem Prozentsatz zu verstecken.
Zentral für uns in dieser Angelegenheit ist, dass wir die Eltern mit einbeziehen. Und das geht nicht von heute auf morgen, sondern ein solcher Prozess benötigt Zeit. Wenn wir das Thema Kitagebühren so besprechen wollen, dass wir auch wirklich auf die Eltern eingehen wollen, dann lassen Sie uns damit nach den Haushaltsberatungen beginnen und ehrlich, wie wir sind, damit auch vor den Kommunalwahlen.
Wir werden aber nicht nur die Eltern einbeziehen müssen, sondern es sollte uns in den nächsten Jahren gelingen, viele Bürgerinnen und Bürger in die Gestaltung des Gemeinwesens einzubinden. Und das werden wir auch aus ökonomischen Gründen machen. Ich gehe nicht davon aus, dass sich die Finanzsituation der Gemeinden in den nächsten Jahren wesentlich verbessern wird. Damit wir aber den Standard halten können – und das wollen wir ja auch – werden diese Leistungen von Privatpersonen oder Initiativen übernommen werden. Nun können wir den Weg gehen, den Kassel gegangen ist. Erst kommt die Schließung oder die angedrohte Schließung vom Freibad in Harleshausen oder in Wilhelmshöhe, dann werden die Büchereien geschlossen. Es gibt viel Unmut, die Menschen ärgern sich. Im Idealfall, wie z.B. auch in Helsa, entsteht ein Verein und diesem gelingt es dann ehrenamtliches Engagement für eine Sache zu gewinnen. Die Bibliothek in Fasanenhof, so war in der Zeitung zu lesen, könnte z.B. weiterbetrieben werden, auch wenn eine Menge Geld für Anschaffungen fehlt.
Wenn wir nun nicht so lange warten, bis wir nicht mehr anders können, sondern jetzt schon den Menschen in Kaufungen sagen, dass wir nicht mehr alle Leistungen aufrechterhalten werden und deshalb auf die Mitarbeit angewiesen sind, dann könnten wir Diskussionsräume schaffen, Betroffene einladen und Menschen aktivieren. Es wäre an uns ein Klima zu schaffen, welches nachhaltige Wirkung hat. Die Menschen in Kaufungen können es aushalten, wenn wir zu ihnen sagen, wir benötigen eure Hilfe. Sagen werden wir es am Ende so oder so. Jetzt wäre noch ein guter Zeitpunkt, dies ohne Unmut, sondern auf eine ermutigende Art und Weise zu vermitteln.
An dieser Stelle mag der Gedanke aufkommen, dass es sich die GLLK mal wieder zu leicht macht. Selber werden keine Vorschläge gebracht, sondern das Geld wird rausgehauen und wenn alles weg ist, dann sollen die Bürgerinnen und Bürger den Karren durch eigenes Engagement aus dem Dreck ziehen.
Wenn Sie sich die letzten Jahre ins Gedächtnis rufen, dann wissen Sie, dass wir schon einige Vorschläge gebracht haben. Einigen davon sind Sie ja auch gefolgt. Als wir forderten, dass wir drei Stellen im Falle des Ausscheidens nicht wieder besetzen, haben Sie das abgelehnt. Am Ende jedoch wurde eine Kürzung von neun Stellen beschlossen. Wir hatten eine Erhöhung der Gewerbesteuer gefordert, rückwirkend, was bei einer Jahressteuer auch bis Mitte des Jahres möglich ist. Diese Mehreinnahmen in Höhe von über 300.000 € wollten sie nicht einnehmen, die Erhöhung der Gewerbesteuer haben Sie dann aber später natürlich doch beschlossen. Wir haben die Hundesteuer und die Spielapparatesteuer erhöht, auch hier sind Sie unseren Vorschlägen gefolgt. Wir haben uns im letzten Jahr sehr darum bemüht, dass Thema Kennzahlen und Ziele, also zwei Instrumente zur Steuerung des Haushalts, aktiver zu diskutieren. Das ist uns zum Teil auch gelungen und befindet sich auf einem Weg. Dass wir über Kennzahlen und Ziele den Haushalt steuern wollen, das ist jetzt mal nicht unser Antrag, sondern das ist Ihr eigener Beschluss.
Wir haben uns also der Aufgabe gestellt und sind auch weiterhin dazu bereit. Doch wir stellen keinen Antrag, sondern ich möchte Ihnen ein Bild skizzieren, welches eine neue Richtung einschlägt und – sollten sie Gefallen an dieser Idee finden – dann wäre es gut, wenn wir dieses Bild gemeinsam weiter denken.
Wir sind ja, wie Sie wissen, schon seit einiger Zeit an den Kosten für die Straßenbahn dran. Hier soll sich zum Jahresende auch etwas bewegen und Licht ins Dunkel kommen. Der Grund unserer Beschäftigung ist folgender: Wir wollen einen kostenfreien öffentlichen Personennahverkehr in Kaufungen. Um diesen Vorschlag – zu den Finanzierungsmöglichkeiten komme ich gleich – auch wirklich ausarbeiten zu können, benötigen wir eine Erklärung dafür, wie sich die 475.000 Euro, die wir in diesem Jahr dafür ausgeben, denn tatsächlich zusammen setzen. Das Ziel ist: Wenn Sie in Kaufungen in die Straßenbahn oder einen Bus steigen, dann darf das nichts kosten. Wir wollen die innerörtliche Mobilität erhöhen.
Hierzu gehört auch unser Vorschlag aus der Planungskommission im Ort an verschiedenen Punkten weiße Kreise auf den Boden zu malen, sogenannte Mitnahmepunkte. Diese Idee kam sowohl in der Planungskommission gut an, aber auch bei den Kaufungerinnen und Kaufungern mit denen wir bislang dazu gesprochen haben. Wir werden in einem der nächsten Infobrief der GLLK, die monatlich erscheinen, darüber ausführlicher berichten. Die Idee der Mitnahmepunkte wird sowohl in einer Gemeinde in Italien wie auch in einer Gemeinde bei Marburg schon Anwendung und vermutlich noch an einigen anderen Orten auf der Welt schon praktiziert. Wenn Sie sich in einen solchen Kreis stellen, dann signalisieren Sie, dass Sie von diesem Ort an einen anderen Ort in Kaufungen mitgenommen werden wollen. Wenn Sie also z.B. vor dem Edeka stehen, dann hält z.B. ein Kaufungerin und Sie sagen: „Ich will in die Schulstraße und zwar bis zum Stephanushaus!“. Seien Sie sich sicher: Auch wenn die Fahrerin eigentlich nach Niederkaufungen will, sie wird Sie bis zum Stephanushaus fahren. Dieser Vorschlag hat auch etwas mit der Kommunikation im Ort zu tun. Für einen Kulturwandel, der ansteht, was wir in den kommenden Jahren erleben werden, ist nicht nur die innerörtliche Mobilität, sondern auch die innerörtliche Kommunikation entscheidend. Zum Thema Mobilität gehört auch, dass das Thema Bürgerbus in der Planungskommission schon andiskutiert wurde. Wenn Sie diese beiden Dinge, also Mitnahmepunkte, Bürgerbus und kostenfreien Straßenbahn- und Busverkehr miteinander kombinieren, dann können wir ein anderes Thema angehen.
Die Grundlage dieser Überlegungen ist ein enges, freundliches, angenehmes und vor allem kostenfreies Mobilitätskonzept für die Gemeinde Kaufungen.
Wenn sich also alle, also jung und alt, in Kaufungen problemlos bewegen können, dann benötigen wir kein zweites Bürgerbüro in Niederkaufungen. Die IGS wird die einzige Bücherei und hat mindestens vier Tage in der Woche offen. Das Jugendzentrum erhält die Räumlichkeiten der jetzigen Bücherei und kann so zum Teil aus dem Keller raus. Die Niederkaufunger Poststelle fällt weg.
Wir behalten das Personal, es kommt nicht zu Kündigungen. Wir gehen mit dem freiwerdenen Personal in einen konstruktiven Austausch und versuchen Arbeitsorte und Betätigungsfelder zu finden, die für die einzelnen Personen stimmig und für die Gemeinde von Vorteil sind.
Genau solche Ideen wollen wir aber nicht beschließen, sondern mit den Menschen in Kaufungen schon im Vorfeld diskutieren. Ich habe am Montag erst vorgeschlagen, dass wir alle zwei Monate zu bestimmten Themen die Menschen in Kaufungen und die bestehenden Vereine und Initiativen einladen, um mit ihnen auch darüber zu diskutieren. Wir werden erstaunt sein, wie viel Bereitschaft es gibt, auch für die Gemeinde kostenwirksam sich zu engagieren.
Mit diesem Vorschlag oder diesem Bündel möchten wir Ihnen folgendes aufzeigen:
Die Grüne Linke Liste Kaufungen ist bereit, den Konsolidierungsweg weiter zu gehen. Und es ist uns wichtig, dass wir Einschnitte und Einschränkungen mit Vorteilen und Gewinnen verbinden. Das macht Einschnitte vermittelbar. Wir werden in den kommenden Jahren dazu übergehen, Leistungen, die wir derzeit erbringen, von den Bürgerinnen und Bürgern erledigen zu lassen. Ich bin mir sicher, dazu ist Kaufungen bereit. Aber nur dann, wenn sich solche Veränderungen gut anfühlen und die Menschen gestärkt aus dieser Beteiligung herauskommen. Es geht also weniger um Einschnitte als um einen Wandel. Und in einen solchen Wandel werden wir einsteigen.