Nach der ersten Veranstaltung zum Kaufunger Bürgerhaushalt stellt sich die Frage nach den Perspektiven. Über 140 Personen hatten sich am 18. Januar im Saal des Bürgerhauses eingefunden um über den Kaufunger Haushalt… ja warum eigentlich?
Von den anwesenden 140 Personen waren ca. die Hälfte nicht MitarbeiterInnen des Rathauses oder Mandatsträger der Kaufunger Politik. Schon dies allein ein riesiger Erfolg für das Bemühen eines Bürgerhaushaltes. Die Gemeinde Kaufungen und die Grüne Linke Liste Kaufungen hatten jeweils mit Pressearbeit und Flyern für die Veranstaltung geworben und offensichtlich auch das Interesse der Bevölkerung geweckt.
Der erste positive Eindruck war, dass die Gemeindeverwaltung alle Bereiche offensiv vorstellte. Ein breites Leistungsspektrum! Von den Kindergärten bis zum Bauhof, von der (sicher nicht so beliebten) Geschwindigkeitsmessung bis zur Zusammenarbeit mit den Partnerstädten und natürlich auch der eigentlichen Arbeit der „Rathaus-Verwaltung“. Zur Information hierüber war eine Stunde Zeit.
Danach die Eröffnung durch den Bürgermeister der Gemeinde, Arnim Ross, und der anschließenden 20-minütigen Präsentation der wichtigen Ausgaben und Einnahmen der Gemeinde. Dazu die Erläuterung, was sich hinter den jeweiligen Begriffen verbirgt.
Eingebettet war der Vortrag durch die Hinweise auf die bereits stattgefundene eingehende Prüfung nach Ausgabenkürzungen (nicht mehr vorhanden), den kaum zu steigernden Einnahmemöglichkeiten und schließlich der (sicherlich zutreffenden) Hinweis auf die immer größere Selbstbedienungsmentalität des Landes Hessen mit ihren Griffen in die Kassen der Landkreise und Kommunen.
Das Unwort des Jahre „alternativlos“ ist nicht gefallen, aber ein wenig ratlos blickten die Anwesenden dann doch in Richtung Bürgermeister, als dieser das Auditorium aufforderte nun doch bitte Fragen zum Haushalt zu stellen.
45 Minuten später, nach sieben Fragen und sieben Antworten war der erste Bürgerabend dann auch schon beendet.
Bürgerhaushalt?
Nein, das war noch kein Bürgerhaushalt, da war noch nichts mitzuentscheiden oder –bestimmen, auch wenn die Veranstaltung mit dem Hinweis bedacht war, dass Vorschläge im Finanzausschuss beraten würden.
Noch kein Bürgerhaushalt, aber ein Anfang ist gemacht!
Ein Bürgerhaushalt hat nicht in erster Linie die Veränderung von Haushaltszahlen zum Ziel, sondern die Beteiligung von Einwohnern an Entscheidungen in der Kommune. Dies ist ein Prozess, den alle Beteiligten erst lernen müssen. Politik und Verwaltung ebenso wie die Bürgerinnen und Bürger.Über Geld muss bei einem Bürgerhaushalt zu Letzt diskutiert werden. Zunächst geht es um die Diskussion über Aufgaben, Wünsche und den Zielen der Gemeinde und ihrer Einwohnerinnen und Einwohner gehen. Was ist uns wichtig, und wie wichtig? Was halten wir für wichtiger oder weniger bedeutsam, wo sollten Prioritäten gesetzt werden?
Die beteiligte Verwaltung kann uns Bürgerinnen dabei die Zusammenhänge und Wirkungsweisen erklären, durch ihre Fachlichkeit auf Wichtiges hinweisen und am Ende des Prozesses ermitteln, welche finanziellen Auswirkungen die Ideen haben.
Ein solches Vorgehen kann und muss lange vor der Aufstellung des Haushalts-Zahlenwerks durch die Verwaltung erfolgen. Gerne auch wiederholt und mit unterschiedlichen Methoden. In Versammlungen ebenso wie Internetgestützt, zielgruppenspezifisch (ältere Mitbewohnerinnen und Mitbewohner ebenso, wie Beteiligungsformen in Schulen und Kindertagesstätten), als auch themenorientiert. Misserfolge und einzelnes Desinteresse sind dabei kein Indikator für ein Scheitern, lediglich ein Hinweis auf eine möglicherweise falsche Methode.
Die Einwohner Kaufungens lernen auf diese Weise Zusammenhänge besser zu verstehen, üben sich in Zuhören, Fragen und Meinungsäußern und bilden sich Meinung.
Schließlich muss ein Bürgerhaushalt die Chance zu Entscheidungen haben. Sicherlich, ausschließlich die gewählten Vertreter der politischen Gruppierungen können in der Gemeindevertreterversammlung über den Haushalt rechtkräftig abstimmen. Aber wo bleibt eine mögliche abweichende Meinung der Beteiligten?
Wird der Gedanke eine Bürgerhaushaushaltes konsequent weiterverfolgt, muss ein Teil des Haushaltes auch von den zu Beteiligenden mitentschieden werden können. Die Politik muss sich dieser Einsicht folgend, auf ein Verfahren einigen, wie dessen Höhe und dessen Durchsetzungsfähigkeit festgeschrieben wird.
Sicherlich ein weiter Weg, der auch nicht frei von Fehlern sein wird. Aber auch Sicht der GLLK der richtige Weg zu einer Bürgergesellschaft, in der mehr als 39 Mandatsträgerinnen und Mandatsträger Verantwortung für die nächsten eintausend Jahre Kaufunger Gemeindeentwicklung übernehmen.
Die Grüne Linke Liste Kaufungen hat mit einem Informationsblatt über die Veranstaltung informiert. Darin finden Sie Informationen, was ein Bürgerhaushalt kann und soll, wo Chancen und Möglichkeiten liegen. Dieses Informationsblatt bekommen Sie an unseren Wahlständen oder können es hier downloaden.
Informationsblatt Bürgerhaushalt – Vorderseite
Informationsblatt Bürgerhaushalt – Rückseite
Ach so: Wenn gefragt wird, was denn dann die Parteien zu sagen haben, lohnt sich der Blick in Artikel 21 unseres Grundgesetzes: Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Herzlich willkommen.