Verträge der Post
Vorab: Es ist gut, dass wir Postagenturen haben in Kaufungen. Die Frage ist jedoch, zu welchem Preis.
Wie auch schon im Jahr 2004 legte die Deutsche Post auch am Ende des Jahres 2014 neue Verträge vor. Die Postagenturen, die die Gemeinde betreibt, werden nun schlechter vergütet und so entsteht ein weiterer Zuschussbedarf in Höhe von 18.255.- €. Andersherum formuliert organisiert sich die Deutsche Post einen Mehrertrag von 18.255.- € und den lässt sie sich von den Kaufunger Bürgerinnen und Bürgern bezahlen. Also zu den 36.700 €, die wir uns derzeit diesen Service kosten lassen, kommt dieser Gewinn der Deutschen Post noch als Minus auf unserer Seite hinzu. Die Umsätze betragen derzeit 88.000 € und die Personalaufwendungen schlagen mit 119.000 € zu Buche. Nach den neuen Vergütungsrichtlinien werden die Umsätze auf ca. 70.000 € sinken.
Der in der Beschlussvorlage des Gemeindevorstands genannte Lösungsvorschlag, der die geringen Einnahmen ausgleichen soll, heißt: Kürzung der Öffnungszeiten. In der Begründung des Antrags heißt es:
Mögliche alternative Kompensationsmaßnahmen wurden seitens des Gemeindevorstandes geprüft und werden abgelehnt. Solche möglichen Alternativen wären z.B. die Reduzierung des Finanzdienstleistungsangebotes. Der Nachteil wäre, dass in Kaufungen dann generell nur noch Geldgeschäfte bis maximale 1.500 € abgewickelt werden könnten und Postbankkunden für alle darüber hinaus gehenden Angelegenheiten längere Wege zur nächsten Agentur in Kassel in Kauf nehmen müssten. (Welche anderen Maßnahmen vom Vorstand diskutiert wurden, haben wir am 5.3.15 angefragt.) Die Reduzierung des Finanzdienstleistungsangebots geht zu Lasten der Deutschen Bank. Denn der deutschen Bank gehört ja die Postbank. Und wieso sollen wir nun die Deutsche Bank subventionieren? Machen wir das bei anderen Banken auch?
Was würde passieren, wenn wir diese Verträge, die vom Postagenturnehmerverband Deutschland als Knebelverträge bezeichnet werden, nicht unterschreiben? Die existenten Verträge sind bis Ende Oktober 2015 gültig. Ab dem 1.11 sollen die neuen Verträge gelten.
Die Deutsche Post ist verpflichtet in Oberkaufungen und in Niederkaufungen je eine Poststelle zu betreiben. Ob das Gesetz so gebogen werden kann, dass sogar nur eine ausreicht, wissen wir nicht. Die Post würde sich also auf die Suche machen nach jemanden, der eine Postagentur betreiben möchte. Ob das dann der Edeka, der Rewe oder der angedachte Laden am Brauplatz ist, ist unbekannt. Ebenso, ob die Post überhaupt jemanden findet. Wenn nicht, müsste die Suche beginnen, nach einer Anmietung neuer Räumlichkeiten (was ja angesichts des Leerstandes überhaupt nicht so schlecht wäre). Könnte es sein, dass die Deutsche Post sagt: Ach, dann lassen wir halt den alten Vertrag? Das wissen wir nicht und im Pokern sind wir nicht sehr erfahren.
In Niederkaufungen haben wir die Situation, dass Bürgerservice und Postagentur in den gleichen Räumen sind und auch vom gleichen Personal bedient werden. Da in Niederkaufungen ein Großteil der Geschäftsvorfälle auf der Postseite zu finden sind und nur ein kleiner Teil auf der Seite Bürgerservice könnte natürlich die Folge sein, dass es in Niederkaufungen den Bürgerservice nicht mehr gibt. Und logischerweise hat das Auswirkungen auf das Personal, weil nicht auszuschließen ist, dass die ein oder andere Stelle in dieser Funktion nicht mehr gebraucht wird.
Nun kann man aber auch der Ansicht sein, dass wir die Struktur der Verwaltung so oder so verändern müssen. In den kommenden Jahren werden wir mehr Bürgerengagement benötigen. Denn die Kürzungen werden weiter gehen. Es wird neue Arten von Bürgerservice geben und Vermittlungstätigkeiten und Nachbarschaftshilfe werden sich neu entwickeln und hier wird es Unterstützung von Seiten der Verwaltung benötigen. Die Frage wäre dann, ob sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf eine ganz neue Gemeinde Kaufungen und ganz andere Erfahrungen und Tätigkeiten einlassen können oder wollen.
Wir haben auch alle Fraktionen angefragt, ob sie sich von der Deutschen Post noch weiter knebeln lassen würden. Wenn wir nun die 17.000 Euro Reduzierung unterschreiben, kommt dann irgendwann die nächste? Und haben wir irgendwann die Schnauze voll oder kann man’s mit uns halt machen? Am 18. März 2015 wird es in der Haupt- und Finanzausschusssitzung darum gehen. Leider werden viele Kaufungerinnen und Kaufunger an diesem Tag in Frankfurt bei den Demonstrationen in Sachen Eröffnung der Europäischen Zentralbank sein. Das ist auch gut so, denn dort werden die Weichen dafür gestellt, dass wir ein System haben, in welchem oben immer mehr und unten immer weniger ankommt. Die Demonstration in Frankfurt ist daher auch reale gelebte Kommunalpolitik.
Da wir mittlerweile wissen, dass es einigen Postagenturen gelungen ist, mit der Post andere Vergütungen auszuhandeln, haben wir am 5.3.15 allen Fraktionen vorgeschlagen, doch mit der Post in die Verhandlungen wieder einzusteigen. Wir haben zudem vorgeschlagen, einen ganz speziellen Paragraphen im Vertrag nochmal genauer zu lesen. In diesem wird festgehalten, dass aus Gründen der Wirtschaftlichkeit die Vergütungssätze geändert werden können. Wenn die Post also rentabler werden möchte, dann könnten sie einfach die Vergütungen noch weiter reduzieren.
Uns ist sehr wohl bewusst, dass Postagenturen mit ausreichenden Öffnungszeiten ein Element von einem lebenswerten Kaufungen sind. Es ist, wie bei vielen Dingen, eine Frage der Abwägung. Wenn wir uns das eine leisten, dann halt das andere nicht mehr. Dass sich die Angestellten sichere Arbeitsplätze wünschen, das steht außer Frage. Hier stellen wir uns der Diskussion, gerne direkt mit den Betroffenen. Lassen sich vielleicht sogar gemeinsam Beschäftigungsalternativen finden? Schlummert hier Potenzial, welches wir für eine Umgestaltung der Gemeinde nicht sogar dringendst gebrauchen könnten?
Wir diskutieren weiter und laden dazu ein.