Ein Zwischenschritt? Im folgenden wird ausgeführt, welche Möglichkeit von Bürgerbeteiligung denkbar wäre. Dabei wird deutlich, dass der nun eingangs geschilderte Vorschlag nur ein Zwischenschritt sein kann. Jedoch ein Schritt, der leicht durchzuführen wäre und daher eine Ergänzung sein könnte, zu den (weiter unten beschriebenen) existenten Formen von Bürgerbeteiligung in Kaufungen darstellt.
Kein neues Thema, aber eines, welches bislang noch nicht umgesetzt wurde. Vielleicht ein Projekt für die nächsten Monate. Wäre es nicht sinnvoll, wenn die Bürgerinnen und Bürger zu Beginn der Gemeindevertretung Fragen stellen könnten? Wir denken, das wäre sinnvoll. Hier ein Auszug aus einer Geschäftsordnung des Gemeinderats in Schramberg. So ließe sich das lösen. Das könnten wir doch einfach mal ausprobieren.
Was ist der Nachteil dieses Vorschlags? Es braucht schon etwas Überwindung, sich in der Gemeindevertretung an das Redepult zu stellen oder an das im Raum stehen Mikrofon und eine Frage zu formulieren. Das bedeutet, dass eine solche Beteiligungsform eine gesiebte Form ist. Manche Bürger*innen werden ausgesiebt und stellen aufgrund der Situation eben keine Fragen. Dann haben wir im Grunde die gleiche unzureichende Situation, wie jetzt in der Gemeindevertretung. Auch hier finden wir überporportional Männer, Ältere, Nicht-Migrant*innen, Gebildete vor. Dennoch ist auch eine Fragestunde eine Möglichkeit, sich zu äußern und ein Versuch wäre es wert, zumal die Gemeinden und Städte, die ein solches Instrument einführen, es dann in der Regel auch für viele Jahre behalten. Das wird wohl auch damit zu tun haben, dass es eine Methode ist, die sich durchaus aus hilfreich erweist z.B. dann wenn auf Mißstände aufmerksam gemacht wird, die noch nicht aufgefallen sind.
Aber warum überhaupt mehr Bürgerbeteiligung? und wenn ja, welche Form. Darum soll es im Folgenden gehen. Fragen wir zuerst die Bürgerinnen und Bürger:
Ein repräsentatives Verfahren, welches mit Dialog kombiniert ist, ist die bevorzugteste Variante im kommunalen Entscheidungsverfahren. So hat in einer im März 2021 erschienen Studie die Universität Hohenheim ermittelt. Unterschieden werden in der Studie unterschiedliche Demokratievarianten:
Repräsentative Demokratie: Die gewählten Repräsentantinnen der Bürgerinnen und Bürger entscheiden in der Gemeindevertretung.
Direkte Demokratie: Die Bürgerinnen und Bürger entscheiden Sachfragen selbst (Bürgerentscheid, Volksentscheid).
Dialogische Demokratie: Die gewählten Repräsentantinnen oder die Bürgerinnen und Bürger entscheiden, vorher findet bei der Planung von Vorhaben und Projekten eine Konsultation bei Veranstaltungen oder im Internet der Bevölkerung statt (dialogische Bürgerbeteiligung).
Wenn das konkreter abgefragt wird, ergibt sich ein noch höherer Wert:
„Unter dialogischer Bürgerbeteiligung versteht man, dass der Bund, das Land oder die Stadt bzw. Gemeinde ihren Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit gibt, sich bei Veranstaltungen oder im Internet an der Planung von Vorhaben und Projekten zu beteiligen. Für wie wichtig halten Sie es, dass ich Bürgerinnen und Bürger an Dialogen über Vorhaben und Projekte auf der kommunalen Ebene ihrer Stadt bzw. ihrer Gemeinde beteiligen können (z. B. über den Bau einer Stadthalle oder eines Radwegs)?“
Auf diese Frage antworten 90 % der Befragten damit, dass sie das wichtig finden.
Aber wer hätte denn nun wirklich Interesse sich einzubringen? Das wird ja oft auch als Manko der Bürgerbeteiligung wahrgenommen, dass es nämlich nicht so viele Menschen gibt, die sich überhaupt beteiligen. Ja, das ist ein Problem, daher muss hier aktiv Werbung gemacht werden, Formate müssen erklärt werden.
Das Interesse ist also vorhanden. Im November 2019 beantragten wir:
„Die Mittel, die durch die Reduzierung der Gemeindevertreter*innen eingespart werden, werden zusätzlich für Projekte der Bürger*innenbeteiligung in den Haushalt aufgenommen. Der Gemeindevorstand berichtet jährlich über die durchgeführten Projekte der Bürgerbeteiligung, sowie deren Ergebnisse.“
Begründung:
Die Reduzierung der Gemeindevertreterinnen sollte nicht zu einem Abbau der demokratischen Mitwirkungs- und Gestaltungsmöglichkeiten führen. Daher ist der Ansatz für Bürgerbeteiligungsprojekte um mindestens die Summe im Haushalt zu erhöhen, die durch die Reduzierung der Gemeindevertreterinnen eingespart werden kann (Sitzungsgelder, Verwaltungsaufwand, Papier, Porto etc.).
Von 30 Personen stimmten 21 dagegen und 6 enthielten sich.
Mittlerweile gibt es in Kaufungen mehrere Möglichkeiten, sich aktiv einzubringen. Zwar ist unserer Ansicht nach nicht geklärt, welchen Einfluss die Bürgerbeteiligungen auf die reale Entscheidungsfindung haben, aber dennoch gibt es Möglichkeiten. Eine klare Aussage der Gemeindevertretung an die Bürger*innen, dass die Resultate eine Beteiligung auch einen Einfluss auf die Entscheidung haben würden, wäre hilfreich.
Konkret haben wir in Kaufungen:
Runder Tisch A44 – Daran sind die Frakionen der Gemeindevertretung beteiligt, verschiedene Bürgerinitativen, Einzelpersonen (die sich zum Teil direkt mit ihrem Interesse an den Bürgermeister wandten und dann eingeladen wurden)
Jugendforum – ein recht neues Format, welchem wir durch eine Satzungsänderung in der Gemeindevertretung mehr Gewicht verleihen wollen
Lenkungsgruppe “Kaufungen aktiv fürs Klima” – auch hier sind die Fraktionen vertreten, aber auch verschiedene Bürger*innen.
Anliegen der Bürger*innen können über eine Plattform auf der Homepage der Gemeinde Kaufungen abgegeben werden. Es ist nicht klar, wie diese Anliegen der Gemeindevertretung übermittelt werden. Eine erste Anfrage unsererseits zum Thema blieb unbeantwortet.
Bürger*innen-Haushalt. Unter diesem Begriff wird zum größten Teil eine Informationsveranstaltung verstanden. Das sehen wir als ersten wichtigen Schritt. Jedoch gibt es keine Verständigung darüber, in welche Richtung hier eine Entwicklung vorgesehen ist. Der Bürger*innenhaushalt besteht aus folgenden Elementen:
Einem Bürger*Innenabend. Dazu wird öffentlich über die Kaufunger Woche, die Internetseite und über die lokale Presse eingeladen. Der Bürger*Innenabend wird protokolliert.
Dem Vorschlagswesen mit öffentlicher Beratung und Rückmeldung. Die Bürgerinnen und Bürger haben die Möglichkeit, Vorschläge einzubringen. Dies kann in mündlicher Form geschehen auf dem Bürger*Innenabend oder per Telefonanruf in der Verwaltung, dies kann schriftlich geschehen per E-Mail oder per Brief oder auf einem eigens hierfür entworfenen Vorschlagsformular. Mündlich eingehende Vorschläge werden durch die Verwaltung auf dem Formular erfasst. Eingegangene Vorschläge werden in den Sitzungen des Haupt- und Finanzausschusses im Rahmen der Haushaltsberatungen vorgestellt und beraten. Die Vorschlagenden erhalten nach Beratung im Haupt- und Finanzausschuss eine Rückmeldung über das Ergebnis.
Ganz allgemein hat die Gemeindevertretung (letzte Änderung 2011) in Sachen Ortsentwicklung einen Prozess beschlossen, der im letzten Jahr auslief. Hier werden wir in Kürze einen neuen Vorschlag erarbeiten.
Auszug aus dem Beschluss mit dem Titel: Entwicklung der Gemeinde Kaufungen
Das Ziel der Gemeindeentwicklung bleibt auch künftig insbesondere eine gleichwertige Entwicklung und Stärkung der Ortskerne, vor allem der alten Ortskerne in Ober- und Niederkaufungen. Für zukünftige Entscheidungen zur Gemeindeentwicklung werden daher rundlagen und Kriterien benötigt. Darum sollen für die Gemeinde Kaufungen Leitlinien zur Gemeindeentwicklung für den Zeitraum bis 2020 erarbeitet werden. Dies soll im Rahmen eines offenen Prozesses geschehen, an den folgende Anforderungen gestellt werden:
Die Bürgerinnen und Bürger werden an dem Prozess beteiligt und können sich beteiligen. Zur konkreten Bestimmung des Rahmens, der Art und des Umfangs der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger soll der Prozessauftakt eben diese Fragen in einem eigenen Workshop in den Mittelpunkt stellen und eine für alle Interessierten offene Vereinbarung anstreben.